Was ist das Gender Health Gap und warum ist es problematisch?
Auch im 21. Jahrhundert sind Frauen in vielen Bereichen noch immens benachteiligt. Insbesondere im Gesundheitssystem sind solche Nachteile prominent. Das Fehlen einer geschlechterspezifischen medizinischen Forschung und Gesundheitsversorgung wird als Gender Health Gap bezeichnet.
Bei der Erkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird der Unterschied zwischen beiden Geschlechtern schnell deutlich. Sie stehen in Deutschland sowohl bei Frauen als auch bei Männern an der Spitze der Todesursachen. Anzeichen für einen Herzinfarkt sind bei Frauen oft völlig anders als bei Männern. Oft spüren Frauen kein Stechen in den Armen und der Brust, sondern Atemnot, Rückenschmerzen oder Übelkeit. Vielen Bürgern ist das nicht bekannt.
So verhält es sich auch bei vielen anderen Krankheiten: Symptome unterscheiden sich bei Männern und Frauen massiv und dementsprechend sollte auch die Behandlung unterschiedlich sein.
Auch Männer werden oft fehldiagnostiziert, wenn sie an Krankheiten leiden, welche für Frauen typisch sind. Von stereotypische Rollenbildern sind selbstverständlich auch Ärzt:innen nicht frei und daran leiden letztendlich beide Geschlechter. Somit beeinflussen soziale, ökonomische und ethnische Hintergründe zusätzlich, welche Erfahrungen ein Mensch mit dem Gesundheitssystem macht. [1] ; [2]
Die Verhaltensweise von Ärzt:innen hält das Gender Health Gap am Leben
55 % der befragten Hausärzt:innen können nicht sagen, ob sie möglicherweise eine falsche Diagnose aufgrund geschlechterspezifischer Unterschiede gestellt haben. 4 % von ihnen haben auf jeden Fall eine falsche Diagnose gestellt. 78 % der befragten Bürger beteuern, dass ihnen das bereits widerfahren ist.
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Und obwohl wie in der Grafik dargestellt 96 % der Ärzt:innen über die Unterschiede in der Behandlung von Mann und Frau Bescheid wissen, halten es nur 6 % von ihnen für nötig, immer geschlechtsspezifisch Medikamente zu verschreiben.
Außerdem ist das fehlende Wissen der deutschen Bürger ein weiteres Problem. Wie die Grafik zeigt, ist sich ca. die Hälfte der Bevölkerung nicht darüber bewusst, dass das Geschlecht bei der Behandlung eine Rolle spielt. Ohne das Bewusstsein für dieses massive Problem wird sich der Druck, Veränderung in der Medizin zu schaffen, nicht erhöhen. [1]
Die Entwicklung des Gender Health Gap
In den letzten Jahrzehnten vollzog sich nichtsdestotrotz Veränderung: Mittlerweile wurden 77 % der Ärzte unter 45 Jahren Wissen über geschlechterspezifische Behandlung vermittelt. Bei über 60-Jährigen sind es nur 58 %.
Trotzdem sind Frauen noch massiv benachteiligt. Denn immer noch findet sich in Medizinbüchern hauptsächlich die männliche Anatomie. Zudem werden oft lediglich männliche Symptome gelehrt. [1]
Somit lässt sich konkludieren, dass sich nicht nur in der Forschung grundlegend etwas ändern muss. Auch in der Lehre muss der Blick gezielt auf Unterschiede zwischen den Geschlechtern gelenkt werden. Fundiertes Wissen über die Symptome bei Frauen wird langfristig zu schnelleren Diagnosen und erfolgreicherer Behandlung führen.
Quellen:
[1] https://www.axa.de/presse/gender-health-gap
[2] https://www.tagesspiegel.de/gesundheit/gender-health-gap-wie-die-medizin-frauen-fatal-vernachlassigt-10461070.html
Bildquelle:
[3] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/gender-health-gap-wieso-die-medizin-frauen-oft-falsch-behandelt/29138120.html