2020 wird zum ersten Mal eine schwarze Frau Vize-Präsidentin der Vereinigten Staaten – 60 Jahre zuvor geht zum ersten Mal ein schwarzes Mädchen auf eine weiße Schule. Kamala Harris und Ruby Bridges – diese zwei eindrucksvollen Menschen und ihre bewegenden Geschichten wollen wir uns näher anschauen. Wer sind sie?
Im November 2020 gewann Joe Biden die Präsidentschaftswahl gegen Donald Trump – und Kamala Harris wird zur Vize-Präsidentin der USA. Kamala Harris ist damit die erste Schwarze und die erste Frau, die dieses politische Amt besetzt. Bidens Wahl auf Harris scheint eine Art Kompromiss zu sein: Sein eigenes hohes Alter versucht er mit Harris, als junge, dynamische Frau und Repräsentantin von Minderheiten im Land, „auszugleichen“. Kamala Harris steht für Diversität, für Antirassismus und für die Zukunft.
Harris bringt viel politische Erfahrung mit: Sie ist zunächst als Staatsanwältin tätig, später als General-Staatsanwältin für den US-Staat Kalifornien. Während ihrer Amtszeit steigen die Verurteilungsraten stark an und sie wird als äußerst durchsetzungsfähig wahrgenommen. Gleichzeitig setzt sie sich für die Freiheiten und Rechte von Minderheiten ein, zum Beispiel für gleichgeschlechtliche Ehen. Ihr Durchsetzungsvermögen zeigt sich auch in einer Debatte im amerikanischen Fernsehen, als sie selbst als Kandidatin für die Präsidentschaftswahl antritt und sich gegen Biden behauptet. Eindrucksvoll behält sie in der Diskussion die Oberhand. Dass nun ausgerechnet Biden und Harris Seite an Seite die Vereinigten Staaten regieren werden, kommentiert Biden mit den Worten: „Ich habe Kamala gebeten, immer die letzte Ratgeberin im Raum zu sein, mir immer die Wahrheit zu sagen, meine Schlüsse zu hinterfragen und harte Fragen zu stellen. Denn so fällen wir die besten Entscheidungen für das amerikanische Volk.“
Die Nähe zwischen Harris und Biden zeigt sich auch schon einige Jahre zuvor: Harris wird US-Senatorin und es ist Joe Biden, der sie vereidigt. Als Senatorin kämpft sie unter anderem für die Rechte von Kindern illegaler Einwander*innen und gilt in der Politik stets als „Problemlöserin“ und reformorientiert. „Ich brauche jemanden, der den Schmerz versteht, unter dem so viele Menschen unserer Nation leiden“, lautet Bidens Begründung, weshalb er Harris als beste Wahl für die Position als Vize-Präsidentin sieht.[1]
Kamala Harris wird 1964 in Kalifornien geboren, als Kind einer indischen Mutter und eines jamaikanischen Vaters. Die Eltern lernen sich im Studentenalter an der Universität Berkeley kennen. Sie sind politisch aktiv und gehen mit Kamala und ihrer jüngeren Schwester oft auf Demonstrationen von Bürgerrechtsbewegungen. Später arbeitet die Mutter als Krebs-Spezialistin in der Biomedizin, ihr Vater wird Wirtschaftsprofessor an der Stanford University. Als sich die Eltern trennen, wächst Kamala mit ihrer Schwester bei der Mutter auf.
Auch andere Familienmitglieder sind politisch aktiv und legen großen Wert auf Aufklärung: Kamalas Großvater setzt sich für die Unabhängigkeit Indiens ein und ist Beamter der indischen Bundesregierung, die Großmutter klärt in ländlichen Gegenden über Geburtenkontrolle auf. Für ihre Enkelin wünschen sie sich, dass auch sie, Kamala, eine Position im öffentlichen Leben besetzt.
1969 besucht Kamala die Thousand Oaks Elementary School in Berkeley, nur ein Jahr nachdem an dieser Schule die Rassentrennung aufgehoben wurde. Nicht nur in der Schule, auch in ihrem eigenen Wohnort kommt es zu Konflikten und Ausgrenzungen aufgrund ihrer Hautfarbe: „Die Kinder aus der Nachbarschaft durften nicht mit uns spielen, weil wir Schwarz waren“[2], berichtet sie Jahrzehnte später in einem Interview.
Die Aufhebung der Rassentrennung war in der Gesellschaft noch nicht überall akzeptiert. Besonders bewegend sind in diesem Zusammenhang die Erinnerungen an die damals 6-jährige Ruby Bridges – dem ersten schwarzen Mädchen das auf eine weiße Schule gehen sollte.
Ruby Bridges kommt 1954 als Tochter von Landwirten in Mississippi auf die Welt und wird das älteste von insgesamt fünf Kindern. Aufgrund besserer Arbeitsmöglichkeiten zieht die Familie nach Louisiana, wo Ruby anschließend zur Schule gehen soll. 1959 wird der Staat Louisiana dazu aufgefordert die Rassentrennung in allen öffentlichen Einrichtungen, wie auch Schulen, aufzuheben. Ab sofort sollen nach und nach schwarze Kinder in weißen Schulklassen integriert werden. Um dafür ausgewählt zu werden, müssen die schwarzen Schüler*innen einen schriftlichen Test bestehen. Ruby Bridges besteht den Test und wird mit fünf weiteren Kindern dazu auserwählt, als die ersten schwarzen Schüler*innen eine weiße Schule zu besuchen.[3]
Rubys erster Schultag an der William Frantz Public School geht in die Geschichte ein und erinnert immer wieder an den harten Kampf um Inklusion, Gleichberechtigung und Antidiskriminierung.
Am Morgen ihres ersten Schultages wird die 6-jährige Ruby von Polizisten abgeholt. Sie und ihre Mutter werden mit dem Streifenwagen bis zur Schule eskortiert, obwohl sie nur wenige Blocks davon entfernt wohnen. Als die Polizisten mit Ruby aus dem Auto steigen, sagen sie ihr, sie solle nicht auf die anderen Menschen draußen achten, sondern einfach geradeaus schauen und ihnen in das Schulgebäude folgen. Vor der Schule hatte sich eine riesige Menschenmasse versammelt, die brüllend und voller Hass gegen die Aufhebung der Rassentrennung protestierte. Neben rassistischen Hasstiraden auf Plakaten, wurde auch ein kleiner Sarg in die Höhe gehalten, in ihm lag eine kleine Puppe mit schwarzer Hautfarbe.
Die Morddrohungen und Beschimpfungen setzen sich fort und Rubys Mutter verbringt zu Hause jeden Tag damit, von morgens bis nachmittags zu beten, dass ihre Tochter den Tag überlebt und heil wieder zu Hause ankommt. Für Ruby wird es ein sehr einsamer Schulalltag, denn sie darf als schwarzes Kind zwar nun auf eine weiße Schule gehen, doch sie wird in getrennten Klassenzimmern und zu anderen Uhrzeiten unterrichtet, als die weißen Schüler*innen. Die Polizei rät Rubys Mutter, das Mittagessen selbst zuzubereiten und Ruby nicht in der Schulkantine essen zu lassen – sie befürchten, Lehrer*innen und andere Mitarbeiter*innen an der Schule, könnten versuchen, Ruby zu vergiften. Denn nicht nur viele Eltern, sondern auch Lehrer*innen weigern sich, Ruby in ihre Klassen aufzunehmen und gemeinsam mit den anderen, weißen Schüler*innen zu unterrichten. Barbara Henry, die Lehrerin, die Ruby bisher nur einzeln unterrichtet, lehnt sich nach einigen Wochen gegen die rassistische Ausgrenzung auf und erklärt sich bereit, Ruby nicht mehr nur alleine, sondern mit anderen Kindern zusammen zu unterrichten. Ruby ist unendlich glücklich darüber, nun endlich mit den anderen Kindern lernen und spielen zu können, deren Stimmen sie vorher immer nur vom Schulhof ins einsame Klassenzimmer hallen hörte. Aber auch von den Kindern hört sie immer wieder den Satz „Meine Eltern haben mir verboten mit dir zu spielen“.[4]
Obwohl es für die junge Ruby ein sehr schweres erstes Schuljahr ist, fehlt sie keinen einzigen Unterrichtstag. Erst im zweiten Schuljahr kann Ruby auch ohne polizeiliche Eskorte zur Schule gehen – weitere afroamerikanische Kinder werden eingeschult und die Situation normalisiert sich allmählich.
Ruby Bridges‘ Mut und Durchhaltevermögen ist für viele schwarze Familien ein großes Vorbild und ein Zeichen, dass es sich lohnt für seine Rechte zu kämpfen und standhaft zu bleiben. Sie und ihre Familie durchlebten eine schwierige Zeit, in der sie Hass und Drohungen aushalten mussten – gleichzeitig ebneten sie für darauf folgende schwarze Schüler*innen den Weg zur Gleichberechtigung und gleichen (Aus-)Bildungschancen.
Heute ist Ruby Bridges als Bürgerrechtlerin aktiv, gründete 1995 die Ruby Bridges Foundation und bekam 2001 von Bill Clinton die Presidential Citizens Medal verliehen – diese ist die zweithöchste zivile Auszeichnung in den USA.
Bildquellen:
https://www.politico.com/news/magazine/2020/08/11/kamala-harris-vp-background-bio-biden-running-mate-2020-393885 (09.12.2020)
https://www.hilbert.edu/social-justice-activists/ruby-bridges (09.12.2020)
Textquellen:
[1] https://www.nbcnews.com/politics/2020-election/joe-biden-selects-kamala-harris-his-running-mate-n1235771 (03.12.2020)
[2] https://www.latimes.com/local/politics/la-me-pol-ca-harris-senate-20150930-story.html (03.12.2020)
[3] https://www.womenshistory.org/education-resources/biographies/ruby-bridges (03.12.2020)
[4] https://www.youtube.com/watch?v=UKVv8NH6YGk (03.12.2020)
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